Im internationalen Kunstprojekt „Europe at Home“ beleuchten Kulturschaffende aus europäischen Städten die aktuelle Krise. Fotografin Anna-Lena Schotge und Autorin Helene Bukowski haben für das Projektbüro Hi2025 die Kulturszene Hildesheims in den Blick genommen.

Europe at Home

Im internationalen Kunstprojekt „Europe at Home“ beleuchten Kulturschaffende aus europäischen Städten die aktuelle Krise. Fotografin Anna-Lena Schotge und Autorin Helene Bukowski haben für das Projektbüro Hi2025 die Kulturszene Hildesheims in den Blick genommen.

Zwischen den Fotografien, die Anna-Lena Schotge macht, klafft ein Abgrund. Auf der einen Seite sieht man Kulturschaffende in ihren vollgestellten Interieurs. Etwa DJ Aaron Pohl hinter seinen Plattentellern im WG-Zimmer oder Konzertveranstalter William Niese allein in seinem Probenraum. Auf der anderen Seite die leeren Wirkungsstätten der Hildesheimer Kulturszene: das Loretta der Kulturfabrik Löseke im Umbau, das Thav – Stühle auf dem Tresen, durchgewischt.

„Europe at Home“ ist ein internationales Kunstprojekt der portugiesischen Stadt Faro. Projektpartner überall in Europa sind aufgerufen, zehn Fotografien und eine Seite Literatur einzureichen. Das Thema: Wie erleben Kulturschaffende diesen Moment der Geschichte, den ganz Europa zuhause verbringt.

„Mir ist wichtig, Sehnsuchtsorte von Menschen zu zeigen“, sagt Anna-Lena Schotge. Die 35-Jährige war im Team der HAWK für die Gestaltung des ersten Bid Books Hildesheims verantwortlich und wurde dafür international gelobt. Als die Ausschreibung aus Faro das Projektbüro Hi2025 erreichte, war Schotge sofort klar: „Da sollten wir mitmachen!“ Das sei schließlich eine spannende Ausgangsfrage: „Was passiert, wenn man mit seiner Leidenschaft plötzlich auf Mute gestellt ist?“

Helene Bukowski hat diese Stille literarisch eingefangen. „Was siehst du, wenn du aus dem Fenster blickst? Häuserfassaden, ein Stück Himmel, blühende Bäume und Vögel?“ Die junge Autorin hat am Literaturinstitut in Hildesheim studiert. Ihr Text durchmisst den Abgrund zwischen Schotges Fotografien. „Niemand verrückt Stühle. Niemand befüllt die Bar.“ Als Publikum bleibt vielen vorerst nur das eigene Spiegelbild.

„Das Kunstprojekt ‚Europe at Home‘ beweist, wie aktiv der Kulturbereich Hildesheims auch in schwierigen Zeiten ist“, betont Max Balzer, Leitung Kommunikation des Projektbüros. Innerhalb von zwei Tagen haben sieben Kulturschaffende zugesagt, sich zuhause fotografieren zu lassen. Und auch die Kultureinrichtungen zogen mit. „So hatten wir plötzlich mehr Motive, als wir nach Faro senden können“, schmunzelt Balzer. „Die Netzwerke der Region überstehen den Lock-Down offenbar unbeschadet.“

Fotos und Kurztexte aus allen teilnehmenden europäischen Städten lassen sich unter www.europeathome.eu einsehen; der Beitrag aus Hildesheim wird dort ab 25. Mai veröffentlicht. Alle Fotomotive aus der Region Hildesheim und Auszüge des Textes von Helene Bukowski werden in den nächsten Wochen auf www.facebook.com/hi2025 gezeigt.

Kurzbiografien der Künstlerinnen:

Anna-Lena Schotge, 1984 in Hoya geboren, absolvierte eine Ausbildung zur Fotografin und studierte anschließend Gestaltung in Hildesheim. Sie gewann u.a. 2014 das Diplom vom „Berliner Type“ für die Gestaltung des Buches „Eine Stadt auf Fotopapier“ mit Natalie Brychcy, außerdem 2017 Gold im Nachwuchs vom „Berliner Type“ für einen Teil der Masterarbeit „alles was wir sehen ist nicht alles was ich bin“. 2019 gestaltete Schotge des erste Bid Book Hildesheims mit einem Team der HAWK, dessen Design internationale Beachtung fand.

Helene Bukowski, 1993 in Berlin geboren, studierte am Literaturinstitut in Hildesheim. Sie war Co-Autorin des Dokumentarfilms „Zehn Wochen Sommer“, der 2015 den Grimme Sonderpreis Kultur erhalten hat, Mitherausgeberin der BELLA triste und Teil der künstlerischen Leitung des PROSANOVA 17 – Festival für junge Literatur. Im Frühjahr 2019 erschien ihr Debütroman „Milchzähne“ (Blumenbar/Aufbau Verlag), für den sie u. a. für den Mara-Cassens-Preis, den Rauriser Literaturpreis und den Debütpreis der Lit.cologne nominiert war.

Europe at Home

Das Fotokonzept von Anna-Lena Schotge stellt jeweils Kulturschaffende und ihre leeren Auftrittsorte nebeneinander. Hier DJ Aaron Pohl hinter den Plattentellern in seinem WG-Zimmer …

Europe at Home

… und das leerstehende Buffo in der Kulturfabrik Löseke, die gerade umgebaut wird. Fotos: Schotge

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